Wem gehört die Stadt?

„Neu ist die Sache nicht: Bis zum Jahre 1981 konnte jedermann in den Münchner Stadtadressbüchern nachschauen, wem welches Haus oder Grundstück gehört; wem das Mietshaus in der XY-Straße 87 oder das Reihenhaus in der XYZ-Straße 55 gehört. Dann kam der Datenschutz. Die Namen der Eigentümer werden seitdem nicht mehr veröffentlicht.

Wer erfahren will, wem welches Haus oder Grundstück gehört, muss sich an das Grundbuchamt wenden und erhält nur dann Auskunft, wenn er ein berechtigtes Interesse darlegen kann (§ 12 Grundbuchordnung) z.B., weil er gegen den Hauseigentümer Schadensersatz - oder Unterlassungsansprüche geltend machen will. Reine Neugier ist dabei kein berechtigtes Interesse. Das ist auch gut so. Schließlich geht es niemand etwas an, wem in München welche und wie viele Häuser und Wohnungen gehören. Mit solchen Informationen werden lediglich Neid und Missgunst weiter geschürt. Das soll sich jetzt allerdings ändern. Das gemeinnützige „Recherchezentrum Correktiv“ ruft über den Bayerischen Rundfunk (BR 24) Mieter u.a. in München dazu auf, die Anschrift ihrer Wohnung und den Eigentümer zu benennen, gegebenenfalls unter Vorlage des Mietvertrages. Daraus will Correktiv zusammen mit dem BR - wie bei einem Puzzle - herausfinden, wem München „gehört“. Damit soll erkundet werden können, wohin das Geld aus den Mieteinnahmen fließt und wer von den (angeblich) hohen Renditen profitiert.

 

Ein klarer Verstoß gegen die Datenschutzbestimmungen, insbesondere gegen das Bayerische Datenschutzgesetz und die am 25.5.2018 verschärfte Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Danach ist nicht erst die Verwertung und Nutzung, sondern bereits die Erhebung von Daten nur dann zulässig, wenn hierfür eine Rechtsgrundlage besteht, Artikel 6 Abs. 1 DSGVO: Vertragserfüllung, Rechtspflicht, berechtigtes Interesse oder Einwilligung des Betroffenen. Das Erheben der Daten von Haus- und Wohnungseigentümern durch Correktiv und den BR dient weder der Erfüllung eines Vertrages noch einer Rechtspflicht. Ferner liegt auch kein konkretes berechtigtes Interesse und in der Regel auch nicht die Einwilligung des Eigentümers vor. HAUS + GRUND MÜNCHEN wird das Sammeln der Daten von Haus- und Wohnungseigentümern von der zuständigen Datenschutz-Aufsichtsbehörde prüfen lassen.

 

Haus- und Wohnungseigentümern raten wir, von Correktiv und dem BR gemäß Art. 15 DSGVO eine kostenlose Bestätigung darüber zu verlangen, ob ihn betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden. Für den Fall, dass dies positiv bestätigt wird, besteht ein Auskunftsanspruch über diese Daten, die Verarbeitungszwecke, die Herkunft der verarbeiteten Daten sowie über Empfänger dieser Daten und die Dauer der Speicherung. Ferner muss der Betroffene auf sein Beschwerderecht bei der Aufsichtsbehörde hingewiesen werden. Sofern Daten des Betroffenen nicht – oder nicht mehr – gespeichert sind, muss ihm auch dies mitgeteilt werden. Über die Daten des Auskunft verlangenden Eigentümers muss diesem unverzüglich, regelmäßig aber innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags die verlangte Auskunft erteilt werden (Art. 12 Abs. 3 DSGVO). Dabei muss die Identität des Auskunft verlangenden vor Erteilung der Auskunft gesichert sein, z.B. durch Vorlage eines Ausweisdokuments (Art. 12 Abs. 1 S. 3, Abs. 6 DSGVO). Ferner können betroffene Hauseigentümer die unverzügliche Berichtigung unrichtiger Daten verlangen (Art. 16 DSGVO) und sich bei der Datenschutz-Aufsichtsbehörde ihres üblichen Aufenthaltsortes oder des Wohn- bzw. Geschäftssitzes beschweren (Art. 77 DSGVO)."

Rechtsanwalt Rudolf Stürzer, Vorsitzender HAUS + GRUND MÜNCHEN