Kampf um Azubis verschärft sich

Die bayerische Wirtschaft hat auch heuer große Mühe, genügend Azubis zu finden. Bereits drei Monate vor Beginn des Ausbildungsjahrs ist absehbar, dass in den Betrieben im Freistaat wieder rund 10.000 Lehrstellen unbesetzt bleiben. Momentan sind noch 39.431 Lehrstellen in Bayern frei. Es gibt aber gleichzeitig nur noch 29.062 unversorgte Bewerber, wie aus der Statistik der Arbeitsagentur hervorgeht. „Die Betriebe wollen angesichts der guten Wirtschaftslage und des drohenden Fachkräftemangels eigenen Nachwuchs ausbilden, es fehlen aber immer häufiger die Bewerber“, sagt Eberhard Sasse, Präsident des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK).

Sasse begründet die Misere mit dem Trend zu höheren Schulabschlüssen und Studium sowie mit sinkenden Schulabgängerzahlen durch den demografischen Wandel. So ist die Zahl der Abgänger von Haupt- und Mittelschulen in Bayern seit Beginn der 1980er Jahre um zwei Drittel geschrumpft, von damals rund 76.000 jährlich auf aktuell 26.000. Besonders dramatisch ist der Azubi-Mangel im Einzelhandel sowie in Gastronomie und Hotellerie. Für angehende Einzelhandelskaufleute, Verkäufer und Fachverkäufer sind noch 7.700 Stellen in Bayern frei. Aber nur rund 4.000 unversorgte Bewerber äußern einen entsprechenden Berufswunsch. Für Köche und Hotelfachleute sind fast 3.000 Ausbildungsplätze verfügbar – dem stehen bayernweit nur rund 700 Interessenten gegenüber. Sasse unterstreicht, dass der Bewerbermangel quer durch alle Branchen geht: „Im Freistaat sind noch 900 Lehrstellen für Elektroniker Energie- und Gebäudetechnik frei. Allein in München sind jeweils noch über 100 Lehrstellen für Bankkaufleute oder Kaufleute Büromanagement unbesetzt.“

Der BIHK-Chef appelliert erneut an die Politik, den Fachkräfte-Aderlass in der Berufsausbildung zu stoppen und die zunehmende Akademisierung auf den Prüfstand zu stellen. Außerdem fordert Sasse die vollständige Umsetzung des „3+2“-Modells für junge Flüchtlinge. Nach diesem Vorschlag der bayerischen IHKs sollen Asylbewerber, die eine Lehre aufnehmen, in den drei Jahren der Berufsausbildung sowie in den folgenden zwei Jahren zum Sammeln von Berufserfahrung nicht abgeschoben werden dürfen. In Bayern befinden sich derzeit rund 3.300 jugendliche Asylsuchende in berufsvorbereitenden Berufsschulklassen. „Viele Unternehmen sehen in diesem Personenkreis eine große Chance, aber noch scheitern viele an mangelnder Planungssicherheit und der Bürokratie“, so Sasse.

Insgesamt sind 31.260 IHK-Unternehmen in Bayern in der Ausbildung aktiv und stehen für fast 60 Prozent aller Ausbildungsverhältnisse.

hk