Tarifkonflikt bei der Post eskaliert

Nach dem Abbruch der Tarifverhandlungen bei der Post über kürzere Arbeitszeiten droht eine Ausweitung des Arbeitskampfes. Foto: Malte Christians/Archiv
Nach dem Abbruch der Tarifverhandlungen bei der Post über kürzere Arbeitszeiten droht eine Ausweitung des Arbeitskampfes. Foto: Malte Christians/Archiv

Viele Postkunden in Deutschland werden sich in der kommenden Woche erneut auf Verzögerungen bei der Zustellung von Briefen und Paketen einstellen müssen. Nach dem Abbruch der vierten Tarifrunde über kürzere Arbeitszeiten am Samstag kündigte die Gewerkschaft Verdi bundesweite Streikmaß-nahmen an. «Die Zeichen stehen auf Sturm», erklärte Verhandlungsführerin Andrea Kocsis. Damit geraten möglicherweise immer mehr Postkunden durch verspätete Zustellungen in den Strudel des Arbeitskampfes. Den genauen Zeitpunkt von Streiks will Verdi kurzfristig mitteilen.

In der vierten Tarifrunde lehnte die Gewerkschaft ein neues Angebot der Arbeitgeber als unzureichend ab. Das Unternehmen sei nicht bereit, die Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich zu verkürzen. «Mit ihrem Angebot verschärft die Post den Tarifkonflikt. Das werden die Beschäftigten nicht hinnehmen», sagte Kocsis. Über den weiteren Fortgang der Tarifauseinandersetzungen soll jetzt die Tarifkommission entscheiden. Wird das Scheitern der Verhandlungen erklärt, sind Urabstimmung und mehrtägige Streiks nicht mehr ausgeschlossen.

Mit Unverständnis reagierte unterdessen die Post auf die ablehnende Haltung der Gewerkschaft. «Wir haben aus unserer Sicht ein sehr solides Angebot vorgelegt und sind enttäuscht, dass dieses in Bausch und Bogen zurückgewiesen wurde», sagte die Personalchefin des Konzerns, Melanie Kreis, der Deutschen Presse-Agentur. Das Management hatte unter anderem angeboten, den Kündigungsschutz um drei Jahre bis Ende 2018 zu verlängern und den 24. und 31. Dezember wieder als arbeitsfreie Tage einzuführen. Daraus ergebe sich insgesamt eine Stunde weniger Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich.

Die Gewerkschaft fordert eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 38,5 auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Die Post lehne es ab, zu einer Einigung im Gesamtpaket zu kommen, erklärte Kocsis. So soll es im kommenden Jahr keinen Schutz mehr gegeben vor Fremdvergabe bei der Zustellung. Mittelfristig wolle das Unternehmen so die Voraussetzungen dafür schaffen, den Konzern «in Billiggesellschaften zu zerlegen». Diese Einschätzung wies Kreis entschieden zurück. Die Aussagen von Verdi seien irreführend. «Wir wollen Sicherheit und Schutz für die Postmitarbeiter stärken», sagte sie der «Bild»-Zeitung (Montag) und sprach von «absurd hohen Forderungen».

Hintergrund ist die Gründung von 49 regionalen Gesellschaften in der Paketzustellung. Die Post beschäftigt in diesen Unternehmen Kreis zufolge bereits mehr als 6000 Menschen. Bezahlt werden sie aber nicht nach dem Haustarif, sondern nach den niedrigeren regionalen Tarifen des Speditions- und Logistikgewerbes. Verdi sieht in dem Aufbau eines zweiten Paketzustellernetzes einen Verstoß gegen tarifvertragliche Vereinbarungen, was die Post strikt zurückweist. Mit Blick auf die nun anstehenden Warnstreiks forderte Kreis die Gewerkschaft auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

In der vierten Tarifrunde hatte Verdi zudem ihre Vorstellungen zu den Entgelten des ebenfalls neu zu verhandelnden Haustarifvertrages auf den Tisch gelegt. Dabei sorgte die Forderung von 5,5 Prozent mehr Geld für die 140 000 Beschäftigten für weiteren Zündstoff in dem Tarifkonflikt. Die Post wies die Forderungen prompt als realitätsfern und unfinanzierbar zurück. Über diesen Tarifkomplex wollen Post und Verdi nun am 20. und 21. Mai in Bonn verhandeln. Ob dabei auch das Thema Arbeitszeitverkürzung erneut auf den Tisch kommt oder ausgeklammert bleibt, ist nicht klar.

dpa